Stefan Hopmann über den Spagat zwischen Nachhaltigkeit und Authentizität

21.12.2022

Weshalb verfasst eine Bauunternehmung eine Nachhaltigkeitserklärung? Viel wichtiger: Welchen Beitrag kann sie trotz ihrer Baumaschinen und -materialien in Sachen Nachhaltigkeit überhaupt leisten? Wir haben mit Stefan Hopmann über Herausforderungen, Erfahrungen und Chancen der gemeinsamen Mission „Klimaneutralität“ gesprochen.

Herr Hopmann, das Thema „Nachhaltigkeit“ ist in aller Munde. Wie kam es dazu, dass sich die Bauunternehmung Albert Weil AG in besonderem Maße mit diesem auseinandersetzt?
Natürlich haben wir uns vereinzelt immer mal wieder mit dem Themenkomplex auseinandergesetzt. Auslöser, dies nun systematisch anzugehen, war für mich ein privates Erlebnis und die daraus resultierende Frage „Was können wir als Bauunternehmung tun?“. Nachdem meine Vorstandskollegen und ich uns austauschten, war schnell klar: Lasst uns anfangen. Das war im Sommer 2020.

Was bedeutete dies konkret?
Im Frühjahr 2021 hatte ich ein erstes Gespräch mit unserem Fuhrparkleiter Christoph Stahl. Dabei haben wir überlegt, welche Maßnahmen wir kurz-, mittel- und langfristig auf dem Bauhof ergreifen können. Die Arbeitsgruppe ergänzthat kurz danach Jasmin Schmidt aus der Lohnbuchhaltung. Sie hat dabei nochmals neue Sichtweisen eingebracht, was natürlich für den Prozess unabdingbar ist.

Also besteht Ihr Team aus drei Personen?
Jein. Den ersten Aufschlag haben wir in dieser Konstellation gemacht, jedoch recht schnell die verschiedenen Bereiche bzw. Abteilungsleiter angesprochen. Das Resultat war eine umfangreiche Liste mit verschiedensten Ideen bzw. Maßnahmen. Angefangen bei der Mülltrennung, über unsere Lieferanten, bis hin zu Vollstrombaumaschinen, die wir auf unseren Baustellen testen möchten. Grundsätzlich sind bei uns alle Mitarbeiter herzlich eingeladen, ihre Ideen einzubringen – entweder persönlich oder über unser betriebliches Vorschlagswesen. Das gilt nicht nur für Nachhaltigkeits-, sondern für alle Themen.

Sie haben bereits ein paar Maßnahmen genannt. Gibt es weitere Initiativen?
Anfang des Jahres haben wir einen CO2-Fußbabdruck für unser Unternehmen erstellt. Das war ein sehr intensiver Prozess, da uns ungeschönt ein Spiegel vorgehalten wurde und wir nun wissen wo wir stehen.
Natürlich ist es wichtig und wertvoll, Klimaprojekte zu unterstützen. Aber nur das Label „klimaneutral“ zu erhalten, ist für uns nicht der richtige Weg.
Stattdessen pflegen wir, wie gesagt, unseren Maßnahmenkatalog und haben z.B. große Teile unserer Dachflächen sind PV-Anlagen ausgestattet. Im Rahmen der Arbeiten zu unseren neuen Werkstatthalle, die aktuell auf dem Bauhof entsteht, werden wir zudem erstmalig Photovoltaik-Module in die Gebäudehülle integrieren.
Unser Fuhrpark beinhaltet bereits einige Hybrid-Fahrzeuge. Seit Kurzem zählt außerdem ein vollelektrischer VW ID.3 zu unserem Inventar. Auch kleinere Projekte wurden umgesetzt: so erhalten unsere Mitarbeiter kostenlos Wasser aus dem Quooker-Wasserhahn. Dieses wird ausschließlich aus Glasflaschen getrunken – von Plastikflaschen haben wir uns gänzlich getrennt.

Wie hat Ihr Umfeld auf die nachhaltigen Initiativen reagiert?
Die große Mehrheit hat positiv bzw. unterstützend reagiert und sich mit Ideen eingebracht. Es gab nur vereinzelt Gesprächspartner, die gesagt haben: „Was soll das denn jetzt? Wollt ihr, als Bauunternehmung, jetzt auf einmal ‚Grün‘ werden?“ Das war aber nur ein ganz kleiner Teil.

Und was haben Sie darauf geantwortet?
Wir haben natürlich fest damit gerechnet, dass auch solche Rückmeldungen kommen. Denn es ist eine Tatsache, dass unsere Baumaschinen enorme Mengen an Diesel verbrauchen und alles andere als umweltfreundlich sind. Allerdings gibt es nach heutigem Stand auch keine wirklichen Alternativen. Uns war es wichtig, dass wir uns mit dem Status Quo kritisch auseinandersetzten und evaluieren, an welchen Stellschrauben wir drehen können – im Großen wie im Kleinen. Wir wollen kein Greenwashing betreiben, sondern uns dem Thema stellen. Transparent und authentisch.

Sie sagen, dass es im Bereich der Baumaschinen keine wirklichen Alternativen gibt. Warten Sie also ab, wie sich der Markt entwickelt? Oder versuchen Sie die Entwicklung proaktiv zu beeinflussen?
Einfach still da zu sitzen und abzuwarten, ist nicht unser Ansatz. Mit unseren Geschäftspartnern pflegen wir eine langjährige, vertrauensvolle und kooperative Zusammenarbeit. Dazu gehört es auch, Prozesse kritisch zu hinterfragen. Aus diesem Grund gehen wir proaktiv auf die Hersteller zu. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass Alternativen im Bereich der Großgeräte aktuell nicht wirtschaftlich sind. An dieser Stelle kommt die Politik ins Spiel. In Skandinavien beispielsweise wurden sinnvolle Subventionen im Bereich der Antriebstechnologie eingeführt und gleichzeitig die Ladeinfrastruktur ausgebaut. Wir platzieren das Thema überall. So zum Beispiel in Arbeitskreisen auf Verbandsebene. Fakt ist aber auch, dass wir allein nichts ändern werden. Aber die Motivation in der Branche ist groß, weshalb wir optimistisch sind.

Sie haben eine Nachhaltigkeitserklärung veröffentlicht. Warum?
Weil wir uns klar zu unseren Werten und unseren Zielen positionieren wollen. Als Bauunternehmung ist es unser vorrangiger Auftrag – und so steht es im Papier auch geschrieben – wirtschaftlichen Erfolg zu erzielen. Gleichzeitig haben wir aber auch Verantwortung für unsere Mitarbeiter, die Umwelt und die Gesellschaft. Das können und wollen wir nicht ignorieren. Unsere Positionen zu verschriftlichen war ein langer Prozess. Denn wir haben jede Formulierung kritisch hinterfragt. Das Ergebnis können Sie nun auf vier Seiten nachlesen.

Wie geht es nun weiter?
Wie bisher. Wir befinden uns in einem permanenten Austausch mit den Bereichsleitern und überprüfen unsere Investitionen sowie unsere Maßnahmen bewusst in Hinblick auf Nachhaltigkeitsaspekte. Dabei ist jeder gefragt. Wir freuen uns immer über neue Impulse und Hinweise. Das kommunizieren wir auch so an unsere Mitarbeiter. Wir haben uns vor gut zwei Jahren bewusst auf den Weg in Richtung Klimaneutralität gemacht und gehen diesen seitdem zusammen mit unseren Mitarbeitern und unseren Partnern sowie Kunden. Denn es gilt wie so oft: Nurgemeinsam können wir es schaffen.