AW Gesichter: Michael Fischer

Seine Familie ist derzeit in dritter Generation Teil unserer AW WELT, man kann ihn guten Gewissens als AW Urgestein bezeichnen und aufgrund seiner starken Fachkompetenz in Kombination mit seiner großen Herzlich- und Menschlichkeit ist er nicht nur Fachkraft für Arbeitssicherheit, sondern auch seit mehreren Jahren Betriebsratsvorsitzender: Michael Fischer. Wir haben mit ihm über seinen Werdegang gesprochen, gemeinsam in Baustellenerinnerungen geschwelgt und wollten wissen, welchen Herausforderungen sich die Baubranche in Zukunft stellen muss.

Herr Fischer, Ihre Familie und die Bauunternehmung Albert Weil AG sind quasi nicht voneinander zu trennen. Wieso haben Sie sich für eine Karriere im Haus AW entschieden? Hat man überhaupt eine freie Wahl im Hause Fischer oder kam der Arbeitsvertrag direkt ins Haus?

Die Schule war – um ehrlich zu sein – nie meins und für mich war schon immer klar: Ich möchte einen Beruf unter freiem Himmel ausüben. Im achten und neunten Schuljahr habe ich erste Praktika bei der Bauunternehmung absolviert und wusste schnell: Hier möchte ich eine Ausbildung machen.

Nach 2,5 Jahren war es 1986 soweit: Sie waren ausgelernter Straßenbauer. Welche Erinnerungen haben Sie an Ihre beruflichen Anfänge?

Damals ging ich aus der „väterlichen Kolonne“ raus und konnte mit verschiedenen Polieren zusammenarbeiten und von ihnen lernen. Darunter unter anderem Georg Schäufler oder auch Josef Schardt.

Und wie kam der Sprung zur Polierschule?

Zur damaligen Zeit gab es einen hohen Personalmangel, denn die Leute konnten früh und ohne Abzüge in Rente gehen. Unser damaliger technischer Leiter Arnold Dietrich – der ein gebürtiger Holzheimer sowie, wie auch wir, Handballfan ist und der schon meinen Vater in das Unternehmen geholt hat – sprach damals kurz mit meinem Vater und kam letztlich auf mich zu. Den darauffolgenden Montag durfte ich dann nach Wächtersbach auf die Polierschule. Ähnlich ging es Ulrich Stoll oder auch Jörg Molandin.

Wie war es, die erste eigene Baustelle zu leiten?

Zu Beginn waren es eher kleinere Projekte für unseren ehemaligen Bauleiter Friedhelm Wolf im Abraum. Meine erste komplett eigene Maßnahme war dann das Neubaugebiet in Flacht – eine Vollerschließung inkl. Kanal- und Wasserarbeiten etc. Diese Feuertaufe habe ich glücklicherweise gut bestanden.

Gibt es eine Maßnahme, die Sie nie vergessen werden? Im positiven oder auch negativen Sinn?

Jede Baustelle ist besonders. Beispielsweise am Frankfurter Flughafen mussten wir binnen drei Monaten rund um die Uhr arbeiten, um 1,8 km Rinnenaustausch durchzuführen. Es wurde damals ein neues Gate durch die Fraport gebaut, damit die großen A380 Flieger andocken konnten. Der Eröffnungstermin stand fest und die Rinnen waren verbaut, jedoch gab es nicht durch uns verschuldete Herausforderungen: Der TÜV hat sie nicht abgenommen. Also musste alles wieder raus und wieder eingebaut werden. Wir waren damals zwischen 22 und 24 Leute auf der Baustelle – jeder, der eine Maschine fahren konnte, war einmal da. Wie man sich vorstellen kann, gibt es am Flughafen extrem hohe Sicherheitsvorkehrungen und insofern auch einen enormen organisatorischen Aufwand. Das war schon sehr nervenaufreibend – hat aber letztlich geklappt.

Ein andere Maßnahme war die Müllerland-Baustelle. Auch hier hatten wir einen enormen Zeitdruck und sechs Wochen vor der Eröffnung Tag und Nacht – Montag bis Sonntag – durchgearbeitet, um den Eröffnungstermin zu halten, was uns auch in diesem Fall gelungen ist.

Heute arbeiten Sie quasi im Innendienst. Wie kam es dazu? Und ist Ihnen die Entscheidung leicht gefallen?

2015 kam Herr Rohletter auf unserer damaligen Baustelle in Bad Schwalbach in der Brunnenstraße auf mich zu und hat mich gefragt, ob ich mir den Wechsel vorstellen könnte. Meine erste Antwort war ‚Ich mache mir Gedanken‘. Letztlich habe ich mich dafür entschieden, erneut eine Ausbildung absolviert und für insgesamt zwei Jahre à fünf Lernphasen die Schulbank gedrückt. Das bedeutete, dass ich tagsüber auf der Baustelle war und abends gelernt habe. Seit 2016 bin ich offiziell Fachkraft für Arbeitssicherheit und habe 2017 noch eine neue Schulung bei der IHK Lahn-Dill zum Gefahrgutbeauftragten absolviert – seit diesem Jahr bin ich auch hauptverantwortlich für die Themen zuständig und habe damals Manfred Bräunche abgelöst.

Als Polier, der – wie Sie sagten – auch einen Job an der frischen Luft angestrebt hat, war dies sicherlich eine Umstellung, oder?

Definitiv. Man muss sich neu organisieren und lernen, mit dem PC und den Programmen neu zu arbeiten. Ich habe dann mit Manfred Bräunche offen darüber gesprochen und er hat mir den Rat gegeben, mir die Zeit einzuteilen. Sprich: Mal bin ich auf der Baustelle und mal im Büro. Diesen Spagat habe ich über die Jahre gelernt. Aber es gab sicherlich auch Tage, an denen ich mir die Baustelle zurückgewünscht habe. Aber ich würde sagen, dass ich nach ca. 1,5 Jahren in meiner neuen Rolle angekommen war.

Stichwort Manfred Bräunche: Wann haben Sie sich dazu entschieden, in den Betriebsrat zu gehen?

2005 hat mich Manfred Bräunche angesprochen und seit 2006 war ich schon Mitglied – 2017 durfte ich den Vorsitz übernehmen. Auch hier war es ein Prozess. Am Anfang schnuppert man rein und merkt schnell, in welchen Situationen es wichtig ist, sich vor die Mitarbeiter zu stellen. Schon als Polier hat man Verantwortung zu tragen – als Betriebsratsvorsitzender macht man es eben im großen Stil.

Wie haben Sie die Entwicklung in den letzten Jahren erlebt bzw. auch mitgestaltet?

Wir sind immer mit der Zeit gegangen und waren ihr teilweise auch voraus. Durch das Wachstum gibt es auch neue Herausforderungen. Der Spagat zum Familienunternehmen wird größer. Aber: Wir halten an unseren Werten und der Regionalität fest.

Welche Herausforderungen gilt es noch zu bewältigen? Gerade mit Blick auf den Fachkräftemangel?

So extrem wie heute war der Fachkräftemangel damals nicht. Kommunikation ist aus meiner Sicht ein großes Thema. Denn: Wir müssen das Image des Handwerks verbessern.
Es wäre auch ein Gewinn, mehr Frauen für die Arbeit auf der Baustelle zu begeistern. Wir haben seit Kurzem die erste LKW-Fahrerin der Albert Weil AG. Andere Länder sind uns hier voraus.

Letztlich muss es unser Ziel sein, junge motivierte Menschen für den Beruf zu begeistern. Denn man ist Wind und Wetter ausgesetzt bei festen Arbeitszeiten. Aber auch hier sind wir im Gespräch und überdenken unsere Strukturen. Es gibt Punkte, die beibehalten werden müssen, aber wir schauen uns die Themen an und verfolgen das Ziel, Familienfreundlichkeit weiter zu fördern und – wie auch in den letzten 75 Jahren – mit der Zeit zu gehen.