„Es ist unsere Aufgabe,unseren Blickwinkel zu ändern (…)“

Stefan Hopmann über den Arbeitsmarkt im Wandel der Zeit

Bereits Heraklit stellte fest: „Es gibt nichts Dauerhaftes außer der Veränderung“. „New Work“, „Work-Life-Balance“, die „Gen-Z“ oder „Remote Work” sind in aller Munde. Kurzum: Der Arbeitsmarkt befindet sich im Wandel und damit auch die Anforderungen an den Arbeitgeber der Zukunft.

Wir wollten von Stefan Hopmann wissen, wie die Bauunternehmung Albert Weil AG mit den Herausforderungen umgeht und wie es ihr gelingt, trotz Fachkräftemangel geeignete Nachwuchs- bzw. Fachkräfte zu finden.


Ende 2023 zählt die Unternehmensgruppe Albert Weil AG rund 670 Mitarbeiter – darunter 400 in der AG. 2019 waren es noch 412 Mitarbeiter. Ein starkes Wachstum, welches alles andere als selbstverständlich ist. Viele Firmen sind in besonderem Maße vom Fachkräftemangel betroffen. Was machen Sie anders?

Wir sind in der Tat sehr froh und dankbar, auch in den letzten Jahren so viele Mitarbeiter gewonnen zu haben. Unser Wachstum verlief zum einen organisch durch die Ausbildung und zum anderen durch die Einstellung neuer Mitarbeiter. Weiterhin haben wir auch Zukäufe getätigt – beispielsweise die Firmen Otto Stricker Bau aus Idstein oder auch die BMU-Services aus Limburg.
Gleichzeitig gehen aber in den nächsten Jahren die geburtenstarken Jahrgänge in Rente. Diese Lücke zu schließen ist eine große Aufgabe.

Was uns grundsätzlich auszeichnet, ist unsere Regionalität, die uns mit der Belegschaft verbindet und die durchaus Vorteile hat.
Auch wenn es für Mitarbeiter auf Baustellen naturgemäß keine Teilzeit, keine Gleitzeit und kein Homeoffice geben kann, entscheiden sich dennoch jährlich bis zu 15 Auszubildende für eine Ausbildung in der Unternehmensgruppe.

Nun ist das Arbeiten auf der Baustelle – selbst wenn sie heimatnah ist sicher mit gewissen Rahmenbedingungen verbunden. Die Mitarbeiter sind bei Wind und Wetter in Aktion – teilweise gibt es auch Wochenendeinsätze. Es muss also weitere Gründe geben, wie Sie all diese Menschen überzeugen. Welche sind das?

Trotz unserer Unternehmensgröße haben wir ein sehr gutes Arbeitsklima, was sicher der Hauptgrund für eine geringe Fluktuation ist. Außerdem profitieren unsere Mitarbeiter von internen Aufstiegsmöglichkeiten, regelmäßigen Fortbildungsangeboten, vielfältigen Gesundheitsmaßnahmen – z.B. Job-Rad, Fitnessstudio-Vergünstigungen, Rückenschule, Mitgliedschaft im Schwimmbad usw. – sowie Zuschüssen zur Arbeitskleidung.
Darüber hinaus führen unsere Social-Media- und Sponsoring-Aktivitäten sowie unsere Präsenz auf Jobmessen dazu, dass viele Bewerber den Weg zu uns finden.

Ein weiterer Vorteil für unsere Auszubildenden ist die zentrale Lage des Ausbildungszentrums und der Schulen in Limburg sowie des Betriebs in Offheim. Sie ermöglicht es den Jugendlichen, die in der Regel noch keinen Führerschein haben, unabhängig mit öffentlichen Verkehrsmitteln anzukommen.

Wie erleben Sie die Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt, insbesondere, wenn es um die jungen Nachwuchskräfte und deren Sicht auf die Arbeit und ihre Anforderungen an den Arbeitgeber geht?

Manche haben den Eindruck, dass es unter den Berufseinsteigern immer weniger geeignete Kandidaten gibt. Dennoch gilt: Es ist unsere Aufgabe, qualifizierte Bewerber zu finden und langfristig zu halten. Diese müssen zu uns passen und mit Begeisterung ihrer Arbeit nachgehen. Die Bindung an unser Unternehmen hat mit Sicherheit viel mit unserer Firmenphilosophie und dem Führungsstil zu tun.

Welchen Führungsstil pflegen sie?

Es geht vor allem um die Frage, wie viel kontrolliert man und wie viel delegiert man. Im Sinne eines kooperativen Führungsstils pflegen wir grundsätzlich ein wertschätzendes und partnerschaftliches Miteinander, flache Hierarchien und kurze Entscheidungswege. Unsere Mitarbeiter erhalten von Anfang an einen großen Vertrauensvorschuss und wir geben ihnen außerdem die Chance, sich zu entwickeln.

Also Wertschätzung jedes Einzelnen und den Blick auf seine Weiterentwicklung als Geheimrezept?

Genau – mit einem Obstkorb allein gewinnt man keine neuen Mitarbeiter. Die Bauunternehmung Albert Weil AG steht für Vielfalt und wir gehen individuell auf die Belegschaft ein. Der Mensch steht im Fokus.

Zur Wahrheit gehört aber auch, dass wir genau deshalb unseren Blickwinkel anpassen müssen. Denn die individuellen Anforderungen haben sich in den letzten Jahren verändert – zum Beispiel im Hinblick auf die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Wir überprüfen derzeit unser bisheriges Arbeitszeitenmodell für die Verwaltung und die Urlaubszeitenregelungen für die gewerblichen Mitarbeiter, um nur zwei Beispiele zu nennen. Ich bin davon überzeugt: Nur wenn man sich den Herausforderungen stellt und sich permanent hinterfragt, ist man zukunftsfähig. So pflegen wir es seit mehr als 75 Jahren und auch in Zukunft.